Willkommen beim zweiten Werkstattbericht zur Entwicklung des neuen Myranor! Ich möchte euch diesmal in zwei Teilen „hinter den Vorhang“ führen.
Der erste Teil wird kurz und knapp über die aktuellen Arbeiten berichten und einen Rückblick auf die erste Preview und eure Rückmeldungen dazu geben. Der zweite Teil wird eine etwas längere Betrachtung darüber, welchen Herausforderungen wir uns bei der Schöpfung dieser neuen Myranor-Editionen gegenüber sehen und warum wir ständig Entscheidungen zwischen vielen widersprüchlichen Anforderungen abwägen müssen (und dadurch leider nie allen gerecht werden können). Vielleicht hilft es, zu verstehen, warum gewisse Dinge so entschieden werden, wie wir es tun und vielleicht ist es für euch auch einmal interessant zu sehen, was so im Kopf der Schreibenden vorgeht ;).
Die Preview und euer Feedback
Ende September 2024 haben wir den Unterstützenden eine erste Preview-pdf mit Vorab-Versionen von neuen Myranor-Regeln zukommen lassen. Mit 55 Seiten war das, nicht einmal 2 Monate nach dem Ende der regulären Unterstützungsphase schon ganz schön viel Material. Für uns war es sowohl fordernd, als auch ein Antrieb mit diesem angekündigten Termin als Deadline und wir haben viel weitergebracht.
Der Großteil eurer Rückmeldungen hat sich in Likes ausgedrückt, die für uns sehr motivierend sind. Einige haben aber auch umfangreiches Feedback zu sprachlichen Formulierungen und regeltechnischen Umsetzungen geschickt. Ich habe mich bemüht, alle konstruktiven Meldungen zu beantworten und vieles davon ist auch, wo möglich, schon in die Weiterentwicklung eingeflossen oder wird es noch tun.
Einen besonderen Dank möchte ich an Blacky_1992 richten. Von Blacky allein kamen über 30 Seiten Feedback zu verschiedenen Themen, die zu viel Diskussion geführt haben. Einen Teil davon haben wir schon übernommen, ein Teil wird noch bearbeitet. Ein Teil wird wahrscheinlich leider Kompromissen zum Opfer fallen, die wir machen müssen, mehr dazu weiter unten. In jedem Fall war es sehr bereichernd für die Entwicklung des neuen Myranor-Regelwerks.
Bisherige Änderungen gegenüber/infolge der Preview
- Die Setting-Regelungen für göttliches und arkanes Zauberwirken wurden, ebenso wie der „Fluch des Eisens“ in die Optionalregeln verschoben.
- Die Immunität der Stellare und Totengeister gegen mundane Waffen wurde im Sinne der Spielbalance in eine Resistenz geändert und mit einem Erklärungskasten versehen.
- Etliche kleine Korrekturen von Schreib- und Formulierungsfehlern
- Überarbeitung der geschlechtsneutralen Formulierungen (Siehe Sprachen und Formulierungen weiter unten)
- Verteuerung der Stabzauber
Woran wir aktuell arbeiten
- Die Erstellung/Überarbeitung der Kreaturenprofile für das Monsterbuch wurde in den letzten Wochen mit Hochdruck betrieben und ist so gut wie abgeschlossen. Dabei dient Project Black, Flag, die freie ORC-Version von Tales of the Valiant von Kobold Press als Referenz. Kobold Press hat in der 5e-Szene einen sehr guten Ruf für hervorragende Monsterbücher (Tome of Beasts 1-3, Teil 1 auf Deutsch auch als Buch der Bestien, Creature Codex, Tales of the Valiant Monster Manual) und ihre Kreaturenprofile zeigen gut, wie man interessante Monster mit vielen Optionen gut designen und balancen kann.
- Parallel beginnen auch schon die Arbeiten an den Fluff-Texten der Kreaturen. Aus Lizenz-Gründen können wir bekannte myranische Kreaturen zwar wiederverwenden, aber nicht Texte 1:1 übernehmen, es muss also alles neu geschrieben werden.
- Wir haben uns entschlossen, eine umfassende Seite-für-Seite-Fehlerprüfung der Settingbände „Unter dem Sternenpfeiler“ und „Jenseits des Nebelwalds“ durchzuführen. Das verzögert leider die geplante Auslieferung ein wenig (Statt wie geplant Mitte Oktober werden die Überarbeitungen erst Mitte November ins Layout gehen), wird aber dafür die Qualität der Neuauflagen stark steigern.
- An den Abenteuern wird kräftig gearbeitet und die Autor*innen, die aktuell an Abenteuern arbeiten, stimmen sich auch ab, so dass die Abenteuer aus dem Crowdfunding (zumindest so aktuell der Plan) sowohl einzeln gespielt, als auch leicht zu einer Kampagne verbunden werden können.
- Wir erstellen Listen von Bilddefinition, damit wir sie in Auftrag geben können. Dabei werden wir höchstwahrscheinlich beim Monsterbuch die meisten Bilder aus Myranische Monstren übernehmen können (die uns allen eigentlich sehr gut gefallen) und nur ein paar für Kreaturen neu zeichnen lassen, die in Myranische Monstren noch nicht enthalten waren. Damit bleibt mehr Budget für neue Bilder für das Regelwerk. Da es noch nie ein vollfarbiges Myranor-Regelwerk gegeben hat, brauchen wir dafür viel neues Material.
- Myranor wird einen Schnellstarter erhalten, der neben einem pdf-Download zu den Gratisrollenspieltagen 2025 auch gedruckt erscheinen wird! Auch an diesem haben die Arbeiten schon begonnen.
- Die Arbeiten an den Klassen sind kurz zurückgestellt (alles auf einmal geht nun mal leider nicht), werden aber sehr bald weitergeführt.
Myranor – Der große Kompromiss
Natürlich wollen wir für euch und uns das denkbar beste Myranor produzieren, aber zu unserem Leidwesen gibt es sehr viele Einschränkungen und Unvereinbarkeiten, mit denen wir uns arrangieren müssen. Wenn man sich nicht selbst in dieser Situation befindet, ist es oft sehr schwer nachzuvollziehen, warum Schreibende und Verlage gewisse Entscheidungen treffen. Mit dem folgenden Text will ich einen Einblick geben, was uns so umtreibt und was die Grundlagen und Grenzen unserer Produktentwicklung sind. Die folgenden Punkte und die internen Diskussionen darüber kosten sehr viel Zeit und Denkleistung, die von Außen selten als Teil der Autorentätigkeit wahrgenommen wird.
Dabei versuchen wir bei vielen dieser Themen, innerhalb der Redaktion basisdemokratisch zu agieren, um möglichst viele Sichtweisen einzubinden. Neben ständigen internen Chats gibt es auch immer wieder Video-Talks. Viele davon sind für alle offen, die an Myranor arbeiten, und so fließen auch viele Meinungen und Vorschläge in die Entscheidungsfindung ein. Nur bei sehr spezifischen Themen, wie sehr konkreten Regel- oder Hintergrundumsetzungen, arbeiten wir mit kleineren Gruppen, um den Koordinationsaufwand nicht völlig eskalieren zu lassen.
Also, welche Themen lenken die Entwicklung von Myranor?
Spielvorlieben und Regelsysteme
Viele, die eine gewisse Zeit mit Rollenspielen verbringen, wissen, dass Rollenspiel nicht gleich Rollenspiel ist. Zwischen Fate, D&D und DSA und abseits davon erstreckt sich ein sehr weites Feld unterschiedlicher Spielstile.
Auch wenn sich Rollenspiele, wie alles, wo unterschiedliche Vorstellungen mit Begeisterung aufeinander treffen, vortrefflich für Debatten und Streitgespräche eignen, bin ich inzwischen der Überzeugung, dass es keine „besseren“ oder „schlechteren“ Rollenspiele gibt, nur Systeme, welche die eigenen Vorlieben besser oder schlechter abbilden.
Wenn eine neue Edition für ein Rollenspiel erscheint, hoffen natürlich alle Interessierten, dass sie gerade die eigenen Wünsche erfüllen wird. Dadurch werden zwangsläufig einige Erwartungen enttäuscht werden. Als 5e als neues Regelsystem kommuniziert wurde, hat das zwangsläufig bei einigen für Freude und bei anderen zu Protest geführt.
Ich möchte in diesem Zusammenhang der Diskussionsgruppe aus dem Uhrwerk-Discord, die nach den ersten Myranor-Ankündigungen lange, intensiv und vor allem konstruktiv und aggressionsfrei über die Vor- und Nachteile verschiedener Regelsysteme für Myranor debattiert haben, meinen Dank aussprechen.
Für die eigene Gruppe stellt sich letztendlich bei der Wahl eines Regelsystems nur eine Frage: Gefällt es uns allen gut genug, damit wir Spaß mit dem Abenteuer/der Kampagne/dem Setting haben?
Für einen Verlag sind die Fragen aber andere:
- Gibt es eine ausreichend große Zielgruppe, die es kaufen würde? Letztendlich muss es sich wirtschaftlich rentieren. Exakte Marktanalysen gibt es im Rollenspielbereich aber nicht und so bleibt hier vieles Bauchgefühl.
- Gibt es für den Verlag verfügbare Autor*innen, die genug Verständnis und Begeisterung für das System haben, um die Bücher zu schreiben? Ersteres ist notwendig, um ein brauchbares Regelwerk zu produzieren, letzteres, damit die Schreibenden trotz aller Anstrengungen (von der reinen Arbeit bis zu Anfeindungen) motiviert genug sind, das Projekt zu Ende zu bringen.
Theoretisch gibt es auch noch die Option, ein komplett neues Regelsystem zu schreiben, anstatt ein bestehendes zu verwenden. Auch hier gelten aber die zwei obigen Fragen und der Aufwand ist um ein Vielfaches größer, so dass ein Regelwerk erst nach mehreren Jahren Entwicklungszeit ausgeliefert werden könnte.
Daher fiel unter diesen Gesichtspunkten die Wahl auf 5e. Andere Alternativen, die in Betracht gezogen worden sind, erfüllten schlicht eine oder beide der obigen Fragestellungen nicht. So hat Uhrwerk zum Beispiel zwar mit Splittermond ein eigenes Haussystem mit wahrscheinlich ausreichend großer Zielgruppe, das sich theoretisch gut hätte adaptieren lassen, aber die Splittermond-Autorenschaft ist mit den Projekten der Hauptlinie aktuell mehr als ausgelastet.
Auch für ein neues DSA-Regelwerk, ob 4.1 oder 5, wären im Uhrwerk-Umfeld aktuell keine motivierten Regelautor*innen mit ausreichender Erfahrung mit dem System vorhanden gewesen (und die Aufwandsschätzung für eine DSA-Umsetzung wäre auch deutlich höher gelegen als bei 5e).
So unterschiedlich, wie die Anforderungen und Wünsche in der Szene sind, war also klar, dass das zu Kontroversen führen würde. Die hätte es bei egal welchem System gegeben. Letztendlich denken wir aber, werden viele Myranor-Fans, alte wie neue, Freude mit dem neuen Myranor haben und selbst die, deren Wünsche nicht unmittelbar in Erfüllung gehen, haben mehr von diesem Neustart als von einem ewigen Dornröschenschlaf. Der erste große Kompromiss wurde also noch vor dem Start des Crowdfundings getroffen.
Das Team
Das Team des neuen Myranor ist eine Mischung aus einer „alten Garde“ und Neulingen. Wenn neue Schaffende in ein etabliertes Team kommen, ist das immer gleichzeitig Chance und Herausforderung für beide Seiten. Ich bin in der interessanten Lage, beides zu sein. Ich bin neu als offizieller Myranor-Autor und lasse gleichzeitig andere an der 5e-Konvertierung mitarbeiten, an der ich bisher als Fanwerk alleine gearbeitet habe.
Wenn man als Neuling an einem etablierten und beliebten Rollenspiel mitarbeiten darf, fühlt man sich geehrt und eingeschüchtert. Man will seine eigenen Ideen einbringen und gleichzeitig das respektieren, was in vielen Jahren von vielen Personen geschaffen wurde.
Für Etablierte bedeuten Neulinge frischen Wind, Motivation und neue Ideen und Blickwinkel. Gleichzeitig wird man gezwungen, wieder ein bisschen mehr die Kontrolle über etwas abzugeben, in das man viel Zeit und Liebe investiert hat. Man wird auch gezwungen, eigene Ideen und Herangehensweisen zu hinterfragen, was nicht immer leicht ist. So ist es ein ständiges Hin und Her zwischen der Öffnung für Neues und dem Bewahren von Bestehendem und Geliebtem.
Settingtreue vs. Regelsystemtreue
Myranor ist ein bald seit 25 Jahren etabliertes Setting und wurde während dieser Zeit sehr konsistent regeltechnisch mit Varianten von DSA4 unterstützt (von einer „Alpha-Version“ in der ersten Box bis zum abschließenden DSA4.1). Die meisten Rollenspiele machen in einer solch langen Zeit deutlich größere Editionssprünge mit und selbst diese sind meist Auslöser für heftige Kontroversen (die legendären „Editionskriege“).
Dadurch wurde nicht nur eine immense Menge an Material produziert (bei dem zum Teil die Grenzen zwischen Regeln und Settinginformation stark verschwimmen), es wurden auch gewisse Erwartungen von Fans gefestigt, was Myranor ausmacht.
Wir stehen jetzt vor den selben Herausforderungen wie jede Redaktion, die einen Editionswechsel durchführt, vielleicht sogar noch etwas mehr, weil wir die „Regelfamilie“ wechseln.
Bei weitem nicht alle haben dabei die gleichen Prioritäten und Gewichtungen und was für die einen vernachlässigbar ist, ist für andere eine definierende Komponente des persönlichen Spielspaßes. Eine Änderung, die für die einen eine Lösung für ein schon lange bestehendes Problem wäre, wäre für andere ein gravierender Bruch ihrer Vorstellungen vom Spiel.
Dadurch sind immer und immer wieder viele Fragen zu beantworten und wiederum Entscheidungen und Kompromisse zu treffen:
- Wie definierend ist die Setzung für das Setting? Würde es viel von seinem besonderen Charme und Eigenheiten verlieren, wenn man die Setzung nicht übernimmt? Beispiele wären bestimmte Spezies, ikonische Waffen (wie die myranischen Klingenstäbe) und besondere magischen Traditionen. Oder auch so kontroverse Themen wie Sklaverei.
- Welche Setzungen machen weiterhin Sinn? Haben sie sich bewährt oder wurden sie vor allem aus Tradition behalten? Hier braucht es viel Fingerspitzengefühl. Was für die einen unnötiger Ballast ist, ist für andere ein bedeutender Teil des Spiels. Das beste Beispiel hier ist das baukastenartige Zaubersystem der Optimatiker. Letztendlich muss man entscheiden, für einen wie großen Teil der Community es relevant ist und ob es den Aufwand rechtfertigt, es weiterzuführen (Ein ähnliches Beispiel sind die dreiteiligen Gesinnungen oder die nicht verbrauchbaren Materialkomponenten bei 5e).
- Welche Informationen sind notwendig, um den Kern der Setzung zu erhalten. Benötige ich in den Grundregeln bereits jedes Detail, dass jemals dazu geschrieben wurde, oder tut es auch eine oberflächlichere Beschreibung, um Platz zu sparen? Ein gutes Beispiel sind Religionen und magische Traditionen, die früher ganze Zusatzbücher gefüllt haben.
- Was war der Gedanke hinter einer Setzung? Hier tritt gerade bei der Umstellung von DSA und 5e die Unterscheidung zwischen dem simulationistischen Ansatz von DSA (die Regeln bilden die Welt ab) und dem gamistischen Ansatz von 5e (die Regeln bilden das Spiel ab) zu Tage. Ein Beispiel sind die Traditionsartefakte. Manche davon, wie die Zauberstäbe oder Tiervertraute gehen in ihren Ursprüngen auf frühe Versionen von DSA zurück und sind sogar älter als Myranor. Gewisse Charaktere haben diese Optionen, weil es sich mal jemand ausgedacht hat, dass es doch toll wäre, es dann im Setting verankert und beibehalten wurde. Balancing spielte hier eine weniger große Rolle, als es das bei 5e tut. Wenn man aber darauf achten will, wird es auf einmal sehr relevant, dass Optimatiker sehr viel mehr Optionen haben, als zum Beispiel ein*e Thulna’il der Neristu.
- Welche Setzungen lassen sich im neuen Regelsystem überhaupt sinnvoll umsetzen? Regelsysteme sind sehr unterschiedlich in ihrem Detailgrad und Fokus. Wenn gewisse Setzungen sehr kleinteilig sind, könnte eine Übernahme in ein gröberes System sie deutlich einflussreicher machen, als es ursprünglich gedacht war. Dann muss man entscheiden, ob man das in Kauf nimmt, oder es als zu kleinen Effekt streicht. Ein Beispiel sind die Trioptazauber.
- Was sind die Auswirkungen auf andere Komponenten des Regelsystems? Steht eine Setzung in direkten Konflikt mit etablierten Teilen der neuen Regeln? Führt es vielleicht indirekt zu schlecht balancierten Effekten? Oder hebelt es sogar die Kerneigenschaften und Vorteile des neuen Systems aus? Wie groß ist der Rattenschwanz, den es nach sich zieht? Ein typisches Beispiel sind der „Fluch des Eisens“ und die Unterscheidung zwischen Magie und göttlichem Wirken im DSA-Kosmos.
Begrenzter Platz
Bücher haben leider nur begrenzt Platz für Texte. Dafür gibt es mehrere Ursachen:
- Lesbarkeit (Keine zu kleinen Texte)
- Ansehnlichkeit (Keine Textwüsten ohne auflockernde Elemente wie Bilder)
- Handhabbarkeit (Kein Ziegelstein, der kaum zu transportieren, lagern oder am Tisch zu benutzen ist)
- Wirtschaftlichkeit (Inhalte zu produzieren kostet ebenso seitenabhängig Geld wie Druck und Versand. Wenn der Preis eines Buches schon durch ein Crowdfunding oder typische Marktpreise feststeht, gibt es hier eine Grenze.)
Wenn der mögliche Inhalt den vorhandenen Platz übersteigt (und das ist bei Myranor definitiv der Fall, wir haben VIEL mehr Ideen und Wünsche als Platz), muss man zwangsweise eine Auswahl treffen. Und die Meinungen, was Priorität genießen sollte, sind sehr individuell. Wieder braucht es Entscheidungen und Kompromisse.
Begrenzte Zeit
Wir haben euch einen Lieferzeitraum in nicht all zu ferner Zukunft (Sommer 2025) versprochen und vor, diesen einzuhalten, auch wenn sich inzwischen herausgestellt hat, das dieser schon sehr sportlich sein dürfte.
Da einzelne Tage leider nur begrenzte Stunden haben und wir, wie die meisten Rollenspiel-Produzierenden, das ganze auch noch dazu alle nebenberuflich in unserer Freizeit machen (was die Anzahl tatsächlich möglicher Arbeitsstunden für Myranor auf eine Handvoll pro Woche reduziert), müssen wir die Arbeit so einteilen, dass wir bis zur Deadline ein fertiges Produkt abliefern können.
Das heißt wiederum, dass wir in einzelne Bereiche oft weniger Zeit investieren können, als uns lieb ist. Und damit brauchen wir wieder (alle gemeinsam diesmal): Entscheidungen und Kompromisse.
Abgesehen davon ist Zeit natürlich auch ein wirtschaftlicher Faktor. Längere Arbeitszeiten an einem Produkt bedeuten für den Verlag auch spätere Einnahmen. Auch wenn dieser Faktor durch Crowdfunding etwas abgefedert wird, soll Myranor natürlich auch abseits des Crowdfundings noch Gewinn machen.
Sprachen und Formulierungen
Myranor ist ein sehr diverses Setting mit vielen Kulturen und Spezies. Die allermeisten davon kennen keine geschlechtsspezifischen Benachteilungen (nur in einigen wenigen Fällen gibt es übliche kulturell spezifische Aufgabenteilungen) und keine Verurteilungen der sexuellen Orientierung. Mit den Raveseran gibt es sogar eine Spezies, die ihr Geschlecht wandeln kann. Es ist auch ein Setting, bei dem sich im Laufe seiner 25-jährigen Geschichte viele einzigartige Begriffe etabliert haben, welche die Stimmung fördern, aber auch fordernd sein können, wenn man neu in Myranor einsteigt.
Das schlägt sich auch in den Formulierungen für Myranor wieder, ebenso wie der allgemeine Wunsch nach Respekt gegenüber Diversität. Auch hier versuchen wir, vielen Ansprüchen gerecht zu werden und Zugänglichkeit mit Repräsentation zu verbinden und mussten dazu erst unseren Weg finden.
Wir haben uns jetzt (final erst nach der Preview) entschieden, für Myranor die folgenden sprachlichen Regelungen zu treffen: Wo immer möglich, nutzen wir geschlechtsneutrale Formulierungen und direkte Anrede. Wo das nicht möglich ist, nutzen wir die *-Form, mit folgenden Ausnahmen:
- Für Begriffe, die in Listen auftreten und nicht neutral formuliert werden können, benutzen wir im Sinne einer guten Lesbarkeit abwechselnd männliche und weibliche Formen.
- Komplette Neuschöpfungen, bei denen die gramatikalische Urform unklar sein kann (zum Beispiel bestimmte Titel), verwenden wir (wie in den Settingbänden) überwiegend in der männlichen Form, geben aber auch verbreitete weibliche Formen an, wenn vorhanden.
- Spezies-Namen werden analog zu „Mensch“ als neutral betrachtet, wir geben aber verbreitete männliche und weibliche Formen an, wenn vorhanden.
- Regeltechnische Begriffe, die auch in anderen 5e-Publikationen auftreten, im speziellen Klassennamen, verwenden wir, um Missverständnisse bei der Regelkompatibiliät zu vermeiden, in der verbreiteten Übersetzungsform, meist der maskulinen.
Artwork
Über Geschmack lässt sich nicht streiten, heißt es. Meiner Erfahrung nach ist das ein Irrtum :D.
Für sehr viele Rollenspiel-Fans sind gute Bilder wichtig, um die Stimmung eines Settings zu vermitteln und auch ein guter Teil des Lesegenusses. Heutzutage wollen sich nur mehr wenige durch seitenlange Textwüsten in einem Rollenspielbuch lesen, ohne dass diese zwischendurch vom einen oder anderen Blickfang aufgelockert werden.
Bilder müssen also her. Und damit sind wir bei den Grundfragen:
- Wie hoch ist das Budget? Bilder kosten Geld. Auch wenn die aktuelle Schwemme von KI-generiertem Bildmaterial uns Anderes weismachen will, ist bei diesen oft die Rechtslage ungeklärt und „KI-Kunst“ in der Rollenspielszene auch nicht unbedingt beliebt. Auch der Uhrwerk-Verlag setzt diese nicht ein. Daher müssen Künstler*innen bezahlt werden. Und da eine Buchproduktion wirtschaftlich sein soll, gibt es Grenzen und eine notwendige Abwägung zwischen der Anzahl der Bilder und den Kosten der Kunstschaffenden, um das vorhandene Budget nicht zu überschreiten.
- Welchen Stil sollen die Bilder verfolgen? Hier sind wir stark bei Geschmacksfragen. Bilder können sehr abstrakt oder Old-School sein, extrem detailliert, comichaft und alles dazwischen. Bei umfangreichen Diskussionen in der Redaktion haben sich aber gewisse Tendenzen herauskristallisiert. So haben wir viele Fans der Myranor-Bilder von Caryad und Mia Steingräber. Das neue Regelwerk soll aber Vollfarbe sein und hier bieten sich andere Stile an. Dabei wollen wir aber auch nicht zu sehr bestehende Uhrwerk-Linien, vor allem Splittermond, kopieren. Wir haben uns daher für einen Stil entschieden, der sich an aktuelle D&D-Bücher anlehnt. Die Auswahl der konkreten Künstler*innen (und auch diese kostet Zeit und Diskussionsaufwand) ist gerade in der Endphase.
Wiederum ist klar, manchen werden unsere Designentscheidungen zusagen, anderen nicht.
Schlusswort
Ich hoffe, ich konnte euch einen interessanten Einblick geben, worüber man sich alles bei einem Rollenspielprojekt wie Myranor Gedanken machen muss und warum manche Punkte vielleicht nicht so leicht umsetzbar sind, wie man sich das als Außenstehende vorstellen mag. Es entsteht wirklich wahnsinnig viel Aufwand, noch ganz ohne konkretes Regel- und Hintergrunddesign, Schreibarbeit, Layout etc. (was es auch so schwer macht, Umsetzungszeiträume gut zu planen). Myranor wird ein Kompromiss. Und wir werden alles tun, was in unserer Macht steht, dass es der denkbar beste wird und hoffen, er findet euer Gefallen.